Die Kunst als Objekt

 

Anne Vanier Drüssel

Préface à la déclinaison des r i B osome

les éditions l’Indice Pensable – 2007

L’objet de l’art…

Die Kunst als Objekt …

Psychanalyse et — eSt — Art. Mit dem Einschieben vom S des Signifikanten findet eine Umkehrung der vorgeschlagenen Figur statt. Wenn wir dieses hörbare S hören, was können wir daraus ableiten — für uns — wenn wir uns an diese Schreibarbeit machen, eine SchreibArt, die in der Hörmuschel des Betrachters Form annehmen kann. Die fünfeckige Harmonie dieser fünften Ausführung von Wandbüchern von Künstlern — Quint-essenz — ersetzt das sternförmige Sechseck der Zelle aus Wachs, die die Biene braucht[1]… Ohrenschmalz, Grund eines Nicht-Hören-Könnens, wenn man weiß, daß « ihr langsames Verstehen zeigt, wieviel Ohrenschmalz sie davon trennt, das gehörte zu assimilieren». Wachsschicht des « Wunderblocks », der die Spur eines verlorenen Textes ans Licht bringt, eines — an der Tiefe der Gravierungen in das Wachs, in den durchlöcherten Untergrund — gemessenen Textes.

Also, das Zuhören der Analytikerin, die nie ganz sicher ist zu verstehen, die sich unermüdlich zwingt, Graphien zu zeichnen, mit dem Gedanken und der Hoffnung auf ein Licht, das von einer Urspur kommt — die schon immer da war und die Gefahr läuft, erzwungen, aufgebrochen, geebnet zu werden.

Art et — eSt — (psych)Analyse. Angekündigte Umkehrung. Den Ausdruck umkehren, um sich allen Freudschen Analysen der Schaffensprozesse, der Gültigkeit seiner analytischen Methode zu entziehen. Methode, die seine Ansichten über das Unbewußte und den Traum zu bestätigen sucht. Wenn Freud in der Traumdeutung vom « Die Träume vom Tod teurer Personen » spricht, analysiert er « Œdipus von Sophokles », von dem er sagt : « Die Handlung des Stückes besteht nun in nichts anderem als in der schrittweise gesteigerten und kunstvoll verzögerten Enthüllung — der Arbeit einer Psychoanalyse vergleichbar »[2]. Das werden die Anderen sehr gut besorgen. Wir kehren zu unserem Thema zurück, denn Groß ist die Diana der Epheser.

Als ob er fürchtete dieser stummen liebensversprechenden Urmutter zu begegnen, die vom Gürtel bis zu den Füßen mit Stierhoden geschmückt ist, bleibt Freud im Hintergrund, als er 1911, ein Jahr nach Eine Kindheitserinnerung des Leonardo da Vinci, diese Fußnote schreibt. Dem Werk gegenüber gesteht er inkompetent zu sein, um das Wesen der Kunst als etwas zu definieren, was « dem verbotenen Begehren eine schöne Form gibt». Er bleibt vorsichtig am Rand des Schönen.

Die schaffende Allmacht dieser mütterlichen Göttin könnte uns — vielleicht ? — mitten in eine Überlegung zur Kunst führen. Das Wort ist gefallen : Kunst — K-U-N-S-T — aber nicht definiert. Umso besser. « Also die Kunst… Zusatz, Kunstgriff an der Liebesverleugnung, die das Subjekt vom Vater erhofft ». Kunst… Kunstgriff… Ein einziges Wort auf deutsch : die Kunst. Maskulinum im Französichen, Femininum im Deutschen. « Sie », die Kunst ins weibliche Geschlecht verkehrt. Roter Faden, der zur Mutter, zum Begehren der Mutter führt. Also, wird dieses Wort « Kunst» kein unveränderter Begriff bleiben. Er (Sie) wird uns wach halten. Also, über die Kunst spechen…

Die Kunst : eine Ethik. Die Ethik der Psychoanalyse. Das Seminar, Buch VII. Au Seuil, 1986. An der Schwelle des Begehrens, die es zu überschreiten gilt… Im Laufe dieses Seminars kommentiert Lacan das Schicksal des tragischen Helden, der durch die Antigone des Sophokles dargestellt wird. Antigone würde das darstellen, was die tragische Ethik der psychoanalytischen Erfahrung sein könnte : das Tun gemäß ihrem Begehren. « Es gibt ein bestimmtes Verhältnis des Schönen zum Begehren »[3] Mit dem Begehren der Mutter… Das Ding — das wir nur über die Sublimierung erreichen können. Die Sublimierung : eine absolute Wahl, eine Wahl, die von keinerlei Gut motiviert ist »[4]

Geben wir Anne Vanier-drüssel also « Plain-Chant », Anne Vanier-drüssel, die zeigt, daß die Formen Sinn produzieren, daß die Bedeutung des Textes sich nicht nur von der Sprache ableitet, und deren Veröffentlichungen stark daran erinnern, daß die Sinneffekte, die durch das Material hervorgerufen werden, im Zentrum der Spannungen und Kämpfe liegen, die — glaube ich — die symbolische Domination zum Ziel haben. Aus der Strategie dieser Überschreitungspunkte zieht Anne Vanier-drüssel ihren Genuß…

Michèle Jung

Avignon, octobre 2007


[1] Auf hebräisch kommt der Name der Biene (Dbure) aus der Wurzel Dbr : Wort. Die Bienen erlangen durch die Arbeit ihrer Lippen, die Mutterschaft ohne jedoch zu gebären.

 

[2] « La pièce n’est autre chose qu’une révélation progressive et subtilement différée — comparable à une psychanalyse ».

[3] Das Seminar, Buch VII. Seite 287.

[4] Seite 289.