Arnaud des Pallières Verfilmung: Michael Kohlhaas (2012)

 Mads Mikkelsen

Auf den ersten Blick fasziniert diese Verfilmung: Beeindruckende Landschaftsaufnahmen, die in den französischen Cevennen aufgenommen wurden, ein im Film nachhaltig wirkender Einsatz von Farben mit harten Lichtkontrasten – sie erzeugen einen stimmungsgeladenen, häufig düsteren Hintergrund und eine raffinierte Tonregie mit aufregenden Hintergrundgeräuschen oder aber auch nur sogenannte „beredten Stillen“ – all das schafft oft eine ungewöhnliche Spannung in der Verfilmung von Pallières. Außerdem bringt der international bekannte Hauptdarsteller Mad Mikkelsen (« Casino Royale ») aus Dänemark, der den Michael Kohlhaas darstellt, eine eigene Note ins Filmgeschehen: ein Heldentyp wie aus dem Bilderbuch, ein „Beau“ schlechthin, mit seiner sportliche Erscheinung, seinem männlich-markanten Gesicht und seinem selbstsicheren und stolzen Auftreten. Zuerst wirkt also der Film überzeugend auf den unbefangenen Zuschauer.

Aber auf den zweiten Blick kommen dann doch einige Zweifel auf, vor allen Dingen dann, wenn man an das Kleistsche Original denkt. Spätestens dann, wenn man an die unvergessliche Kleistsche Personenbeschreibung denkt, also Michael Kohlhaas als « einer der rechtschaffensten zugleich und entsetzlichsten Menschen seiner Zeit », dann wird auch klarer was zu der Darstellung dieser Person Kohlhaas in der Auseinandersetzung mit seiner Umgebung eigentlich noch dazu gehört hätte.

Wie z. B. die politischen Intrigen, die auf der höchsten politischen Ebene angesiedelt sind. Denn dabei geht es schließlich auch um Machtfragen zwischen den damaligen Staatsmächten: dem König von Polen, mit dem Haus Sachsen im Streit liegend und dem Kurfürsten von Brandenburg. Im Weiteren steht sogar die Frage um Krieg und Frieden zwischen diesen Ländern im Raum. K. gerät selbst in die Mühlen der Politik, weil er mit seinem eigenen kleinen Heer ganze Städte in Schutt und Asche legen lässt. Dagegen wirkt im Film der Stellenwert der Prinzessin als einzige politische Vertretung äußerst schwach. (Vor allem in der Szene, wo sie auf K. trifft, der in einer Badewanne draußen vor dem Bauernhof sitzt und sich wäscht!) Wichtig wäre es gewesen zu zeigen, in welchem komplexen Beziehungsgeflecht mit weit reichenden Intrigen zwischen kleinem Landadel und mächtigen Königshäusern sich K. in der Kleistschen Novelle bewegt. Ganz zu schweigen von der für K. so bedeutsamen Figur wie Martin Luther, der im Film gar nicht so recht zur Geltung kommt.

Die im Film dargestellte familiäre Konstellationen z.B. die Szene mit dem Kleid, einem Kleid, das Kohlhaas seiner Frau als Geschenk mitbringt samt der darauf folgenden intimen Szene – diese soll wohl die romantische Seite K. zeigen, sie passt aber gar nicht zum Kleistschen Kern der Novelle. Auch die Beziehung zu seiner kleinen Tochter erscheint besonders rührend, z. B., wenn er sie auf dem Arm trägt – leider zu kuschelig geraten für einen Revoluzzer. Denn K., anfangs noch ein Pferdehändler, verkauft ohne lange zu zögern Hab und Gut, verlässt Frau und Kinder, um damit seinen unerbittlichen Rachefeldzug gegen seinen Widersacher zu beginnen.

Schließlich muss man bei diesem Film immer wieder an das Filmgenre: Western denken mit den häufigen grandiosen Landschaftsszenen, einem stolzen und zum Schluss einem auch noch einem einsamen Held, Gewalt und Gegengewalt und einem ordentlichen Schuss Spannung.

Dadurch geht also eine Menge der Tiefe der Kleistschen Vorlage zugunsten einer gewissen Oberflächlichkeit verloren. Gewiss – gute Literaturverfilmungen von komplexen Vorlagen sind äußerst schwierig, von der schwierigen Kleistschen Sprache einmal ganz abgesehen. Wenn man aber erst einmal das Original gelesen hat, kann man dann wirklich von diesem „Maßstab“ absehen? Oder anders herumgedacht, was passiert wenn man mit mächtigen Bildern gegen einen mächtigen Text, gegen eine mächtige Sprache antritt? Geht da nicht etwas verloren? Und vielleicht auch noch weitergehend: Kann man diese Novelle überhaupt angemessen in einem Spielfilm darstellen?

Bruno Behrendt, Hannover, September 2013

 

L’ange exterminateur…

« Sur les bords de la Havel, vers le milieu du XVIe siècle, vivait un marchand de chevaux du nom de Michael Kohlhaas, fils d’un maître d’école. (…) Il était propriétaire d’une métairie dans un village dont le nom reste encore le sien. Il y vivait paisiblement de son métier. Aux enfants que lui donna sa femme il enseigna, dans la crainte de Dieu, le labeur et la propriété. Nul entre ses voisins qui n’eût à se louer de sa droiture ou de sa charité. En un mot, force eût été au monde d’honorer sa mémoire s’il n’avait passé les bornes d’une vertu : le sentiment de la justice en fit un brigand et un meurtrier. » C’est ainsi que Kleist pose le terreau sur lequel sa nouvelle se développera en 1808.

Nouvelle qu’Arnaud des Pallières et Jeanne Lapoirie transposent dans les Cévennes, une région qui a connu l’opposition entre les protestants et les catholiques, une région dans laquelle la Résistance fut très présente au cours de la deuxième guerre mondiale. Le preneur de sons, Jean-Pierre Duret, capte — dans les paysages grandioses et montagneux — le ciel, les nuages, le vent, les bruits de la nature et des animaux pour en faire des personnages à part entière. Christelle Berthevas, la scénariste, filme la beauté des chevaux, et cadre — souvent en gros plan — Mad Mikkelsen ombrageux et frémissant comme un pur-sang ; il a toute la grâce d’un héros de Kleist ! Quant aux dialogues écrits par De Pallières, ils ne trahissent pas le style de l’auteur : une phrase, un long silence, une phrase…, des phrases — solennelles, laconiques… et des silences — éloquents. De Pallières s’est aussi permis quelques libertés : il fait une plus grande place à certains personnages (la fille de Kohlhaas par exemple), et en invente d’autres (La Princesse d’Orange du Prince de Hombourg remplace l’Électeur de Saxe !) ; il écarte également une intrigue secondaire à caractère fantastique, facile à retrouver si je vous dis : « la capsule ». Mais sachez que tout ceci rend la nouvelle lisible au spectateur que nous sommes, il faut savoir que l’écriture de Kleist n’est pas une mince affaire !

La particularité de cette nouvelle ne s’arrête pas là. Tout l’art de Kleist — fidèle à son goût pour la musique — a été de l’orchestrer — un peu à la façon du Boléro de Ravel (Penthesilea, elle, était composée comme une sonate…) — en reprenant le motif de la querelle initiale sans cesse grossi de rebondissements, enrichi d’images et de sons générés par les acteurs de plus en plus nombreux. Ils viennent y mêler leurs intrigues et leurs intérêts politiques personnels. Du Kleist !

Michael Kohlhaas — même s’il évoque le XVIe siècle — est une réflexion sur le monde contemporain. Les problèmes, les questions soulevés par le film sont universels : comment appliquer le droit ?, qu’est ce que la justice ?, qu’est ce qu’être juste ?, avoir une éthique ? Le film pose la question du pouvoir, de la manière de l’exercer. Comme nous l’avons souvent démontré dans nos travaux, Kleist est notre contemporain.

Le film fut dans la sélection officielle du Festival de Cannes. Mais c’est lors de la clôture du Brussels Film Festival qu’Arnaud des Pallières obtient le Golden Iris Award.

 

Ornella, Avignon, le 29 août 2013

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