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Revue für PsYchoanalyse

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Revue psychanalytique allemande

Rédacteur en chef: Michael Meyer zum Wischen

Konzeption und Selbstverständnis
Offenkundiger noch als bei Freud ist bei Lacan Psychoanalyse am Sprechen und an der Sprache orientiert. Das zeigt sich in der Signifikantentheorie der sechziger Jahre, die impliziert, dass das Sprechen den Absichten und dem Wollen der Subjekte nicht nur nicht gehorcht, sondern im Gegenteil eine von ihm unabhängig existierende, autonome Dimension darstellt, der die Subjekte unterworfen sind. Deutlich wird das außerdem da, wo in der letzten Phase seiner theoretischen Ausarbeitung Lacan die Bedeutung des Sprechens für das psychische Register über die Signifikanten hinaus auf den konkreten Buchstaben hin erweitert und diesen als Objekt des Genießens und Begehrens in Anschlag bringt…

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Amour fou… FilmKritik

Jessica Hausner, die österreichische Filmregisseurin, zeigt in „Amour fou“ ein filmisches Kammerspiel und dies nach eigener Aussage eher nicht dokumentarisch, sondern interpretativ angelegt. Verspricht im ersten Moment der Titel: „Amour fou“ eine leidenschaftliche, lebensbejahende Liebe zwischen zwei Menschen, so geht es zwar leidenschaftlich zu, aber in einem ganz anderen Sinn als erwartet: Der todesfixierte Heinrich Kleist will unter allen Umständen mit seiner Liebespartnerin gemeinsam sterben und zwar in der Form, daß er erst sie, dann sich selbst erschießen will. Und es klappt: Zwar erst im zweiten Anlauf, seine Cousine lehnt im ersten Antrag sein Ansinnen klar und deutlich ab, findet er eine Partnerin (Henriette Vogel), die bereit ist, vor ihm und durch ihn zu sterben. Diese wird als empfindsame, zierliche für den Schriftsteller Kleist schwärmende, körperlich und seelisch leidende Ehefrau eines preußischen Beamten deutlich dargestellt. Vor dem Hintergrund einer gutbügerlichen Familie, in der die klassische Salon-Kultur immer wieder ausgiebig praktiziert wird, wird klar, dass das Seelenleben aller Beteiligten, auf romantische Art abgehoben vom Alltag, bis ins Detail kultiviert gehalten wird. Auch zwischen den Eheleuten Vogel geht es distanziert und kultiviert zu, selbst die Tochter wird ebenso behandelt, alles also auf eine feine gutbürgerlicher Weise, aber eben überhaupt nicht leidenschaftlich. Selbst die immer wieder durch die Filmszenen „flanierenden“ Hunde sind an die Konventionen angepaßte Lebewesen, die sehr gut zum Interieur der Gesellschaftschicht dieser Zeit passen.
Ein beeindruckender Film, eine bedrückende, düstere Darstellung von Menschen in einer bestimmten historischen und sozialen Situation, die sich nicht aus Konventionen lösen können/wollen und somit fast an Marionnetten erinnern. Die Grundstimmung erinnert gut zu seinem « geistigen Vorgänger » : Michael Hanekes: „Das Weiße Band“, ähnlich deprimierend und beklemmend. Deutlich wird dies auch am Krebsleiden der Henriette Vogel, hilflos und ungläubig stehen die Verwandten und Angehörigen davor, die Mediziner wissen auch nicht weiter, ahnen aber zumindest, dass diese Krankheit (zumindest zum Ende des Films) nicht eingebildet ist.
Man kann den sensiblen Kleist verstehen, der als Autor und Mensch von seiner Zeit nicht verstanden wird und der genug hat von dieser Welt. Dennoch unglaublich wie er sein Ego bis zuletzt, bis in den Tod pflegt, indem er eine Frau sucht, die aus Liebe und nur aus Liebe zu ihm in den Tod folgt.
Die Sprache des Films ist Kleist-gemäß, im Gehalt nach sperrig gehalten, passend zu dem sonstigen typischen Kleist-Stil, in der Aussprache wirkt sie jedoch modern.
Fazit: ein anstrengender, aber interessanter Film, der fiktiv den Kleistschen Tod beschreibt, in weiten Teilen aber seine Todespartnerin in den Vordergrund stellt.

Bruno Behrendt

Der Ausstand an sagen können…

Séminaire 2015

Wir hatten gedacht, dass das Leben Freud’s in zwei Welten — der slavischen und danach der österreichischen —, mehr Klarheit in unsere Forschungen bringen könnte. Aber, im Laufe des Seminars 2014, ist uns bewusst geworden, daß die Sprache seiner Eltern — hebraïschen und jiddisches gemischt : die Gaunersprache — eine verborgene Funktion seiner Traumsprache sein konnte. Freud sagt wortgetreu, daß “Traumgedanken und Trauminhalt liegen vor uns wie zwei Darstellungen desselben Inhaltes in zwei verschiedenen Sprachen (…)” In : Die Traumdeutung. Fischer Taschenbuch Verlag, 1998 : Seite 284”.

Wir haben nicht eine Sprache durch eine andere erklären, sondern die eine durch die Austrahlung der anderen bereichern wollen. Wir haben die Leere behandeln wollen, den Zwischenraum in der Schwebe zwischen diesen Sprachen. “Der Ausstand an sagen können”, nähmich : die Aussicht auf das, was zu sagen bleibt.

Dieser tiefe Riss — in dem Abgrund der Sprache — diese stumme Tiefe in ihrem Sinn — dieser Raum, der zwischen den Strukturen der Sprachen sichtbar wird : das Hebraïsche, das Tschechische, das Deutsche werden uns erlauben, die Verbindung zwischen der « Oberfläche » und der « Tiefe » herzustellen (Husserl).

In diesem Sinn werden wir, in 2015, diese Arbeit auf zwei Träumen fortsetzen. “Die botanische Monographie”. (In : Die Traumdeutung. Fischer Taschenbuch Verlag, 1998 : pages 180, 181-188, 191 note 4, 201, 288-291, 309, 461). Mehrmals wiederholt Freud, daß er den Sinn des Traums der botanischen Monographie — « obwohl gründlich analysiert » — nicht aufzeigen kann, weil er in engem Verhältnis mit einem Erlebnis seiner Kindheit steht (eine Szene, die er, in einem anderen Text berichtet !).

Deshalb sagt er, daß er die Analyse des zweiten Teils des Traums “Fürst Thun (oder Taaffe)”, nicht entwickeln kann — Tafe ist ein Gefängnis in der Sprache der Ganoven – in Befürchtung der Zensur. (In : Die Traumdeutung. Fischer Taschenbuch Verlag, 1998 : Seiten 217-227).

Freud wird die Psychoanalyse erfunden haben, in dem er seine Traüme in eine politisch korrekte Sprache brachte, auf Grund seiner Angst vor Verfolgung. “Man hat eine begreifliche Scheu, soviel Intimes aus seinem Seelenleben preiszugeben, weiß sich dabei auch nicht gesichert vor der Mißdeutung der Fremden” (In : Die Traumdeutung. Fischer Taschenbuch Verlag, 1998 : Seite 119).

Dieses Seminar findet jeden dritten Montag im Monat

bei Michèle Jung in Avignon (Frankreich) statt.

Erste Sitzung am Montag 19. Januar 2015 um 20 Uhr

Contact : Michèle Jung

06 82 57 36 68

michele.jung@kleist.fr

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